17. SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium: Joh 6,1-15
Jeden Sonntag hören wir in der Eucharistiefeier, wie zwei Lesungen aus der Bibel vorgelesen werden. Ob wir uns das merken, was da gesagt wird? Wenn sie aber aufmerksam zugehört haben, wird Ihnen aufgefallen sein, dass im Evangelium über Jesus das Gleiche erzählt wird, wie im Alten Testament über den Propheten Elischa: Dieser bekommt einige Fladenbrote und sagt: „»Gib das unseren Leuten, damit sie sich satt essen können!“ Gegen das berechtigte Bedenken: »Wie soll das für hundert Männer reichen? «, wiederholt Elischa einfach: »Gib das unseren Leuten zu essen! Es wird noch davon übrig bleiben.“
Genau das Gleiche geschieht bei Jesus. Das Wirken Jesu wird hier mit dem Wirken des großen Propheten Elischa verglichen. Aber es gibt eine Steigerung: Jetzt geht es nicht um hundert, sondern um fünftausend Männer. Und alle werden satt und es bleiben 12 Körbe übrig. „Zwölf“, ist das nicht eine Anspielung auf die 12 Stämme Israels, also: es ist genug da für alle, für das ganze Volk? Jesus wird hier mit dem Propheten Elischa, einer der großen Autoritäten aus dem Alten Testament verglichen, die aber von Jesus überboten wird. Jesus ist also größer und mehr als Elischa, er ist eine größere Autorität.
Fast in einer Nebenbemerkung erwähnt der Evangelist Johannes: „Es war kurz vor dem jüdischen Passafest“. D.h. das Fest, das an das Wirken Gottes an seinem Volk erinnert: die Befreiung aus Ägypten, und wie Gott in der Wüste durch das Manna („Brot, das vom Himmel kommt“) das Volk sättigt. Was der Evangelist Johannes sagen will ist klar: So wie Gott einst das Volk in der Wüste gespeist hat, so will Jesus den Hunger der Menschen stillen.
Jesus sagt, die Menschen sollen sich hinsetzen, sich um ihn versammeln, denn es gab dort viel Gras. Die Erwähnung des reichlich vorhandenen Grases, spielt an auf einen Psalm aus dem AT, in dem Gott ein guter Hirte, genannt wird, der sein Volk „auf grüne Auen führt“, d.h. also Lebensperspektiven aufzeigt, weiden lässt.
Dann nimmt Jesus die Brote, spricht darüber das Dankgebet und verteilt sie an die Menschen. Das erinnert an das letzte Abendmahl, das wir jeden Sonntag wiederholen. Wir versammeln uns um Jesus, und sein Brot wird an uns ausgeteilt, um unseren (Lebens)Hunger zu stillen.
Die ganze Erzählung hat also einen tieferen Sinn. Die Botschaft lautet ganz einfach: Wenn wir teilen, was wir haben, bekommen alle genug. Elischa und Jesus fordern uns auf, einfach zu teilen: nicht nur unser Essen, sondern auch unsere Arbeit, unsere Zeit, alles, was für unser Leben wichtig ist. Wo Menschen beginnen, das Wenige, das sie selbst haben, mit ihren Mitmenschen zu teilen, da zeigt sich, dass mehr als genug für alle vorhanden ist.
Spüren Sie, wie aktuell dieses Evangelium ist? Wir können und dürfen uns nicht mitreißen lassen durch eine Mentalität in unserer Gesellschaft, die die Ängste schürt, dass wir selbst zu kurz kommen, wenn wir mit anderen teilen müssen. Wir fürchten um die Vorräte, dass Arbeitsplätze und soziale Vorsorge nicht reichen werden. Andere Menschen, und besonders die, die anders sind, werden als eine Bedrohung dargestellt. Angst und sogar Hass, „Fremdenhass“, greifen um sich und werden politisch ausgenützt. Populismus nennt man das dann.
Das heutige Evangelium will uns sagen: Das Teilen, oft gegen alle Vernunft, bewirkt Wunder. Teilen ist ein Schlüssel für gute Lebenschancen für alle Menschen. Wir werden aufgerufen, mit dem Teilen Wunder zu wirken.
Die Menschen damals verstanden den tieferen Sinn dieses Geschehens nicht. Sie sahen nur das Äußere, die Sensation. Sie wollten Jesus zu ihrem König machen, ihn mit äußerem Jubel und mit Macht umgeben. Jesus verweigert das und zieht sich auf einen Berg - in die Einsamkeit - zurück. Die Menschen haben Jesus (noch) nicht verstanden. Er will nicht Macht ausüben, sondern ihre tiefsten Sehnsüchte, ihren tiefen Lebenshunger sättigen.
Ist das nur ein frommer Wunsch oder erfahrbare Wirklichkeit? Die Antwort auf diese Frage bekommen wir nur, wenn wir uns einlassen auf das, was Jesus sagt: Indem wir das Teilen praktizieren.